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Die Turbine |
25.01.2004 - 20:14 |
Wenn ihr auf dem Flugplatz in Enzesfeld einen Typen trefft, der ein Modell ohne Propeller aufrüstet, endlos an dem Flieger herumcheckt, das arme Modell mit zwei Litern Kerosin anfüllt und dann mit einem Feuerzeug so lange herumfummelt bis Flammen herausschlagen, denkt euch nichts dabei; es handelt sich um einen typisch turbinengeschädigten Vereinskollegen.
Begonnen hatte alles als ich vor 6 Jahren ein “Prop” in die Hände bekam und einen Artikel über Punitz las, in dem unser Franz mit einer HE-Salamander abgebildet war, auf der eine verglühte Blechbüchse montiert war – die erste Strahlturbine in Österreich.Gleichzeitig schenkte mir ein Arbeitskollege ein FMT-Sonderheft von Ing. Kurt Schreckling über den Bau einer Turbine. Von nun an war mein modellbauerischer Seelenfrieden dahin, meine Gedanken kreisten nur mehr um Verdichterkennlinien, Fliehkraftbelastung, Drehzahlen und Metallegierungen. Aus Gaskartuschen, Edelstahlblech und Aluminiumresten entstand die erste Turbine. Als die endlich von alleine lief und sich dadurch von einem gemeinen Ölbrenner unterschied, hatte sich bereits eine stattliche Kiste voll von ausgeglühten Brennkammern, abgeschmolzenen Turbinenrädern und zerbröselten Kugellagern angesammelt. Gellrot glühend, fauchend und pfeifend, heizte diese Turbine die Garage meines Freundes, der eine gute Brandschadenversicherung hat, in einer Minute auf Saunatemperaturen auf. Verdichter und Turbinenräder flogen mir um die Ohren und der Schub war kaum meßbar. Diese Erkenntnisse waren fürs Erste ernüchternd, Hut ab vor Franz Hruska, der es bereits geschafft hatte mit diesem Teufelszeug zu fliegen.
Mein Glaube an den Erfolg wurde zur Verbissenheit und ich begann mit Turbolader-Verdichtern zu experimentieren, da ich es leid war dem schrecklingschen Holzverdichter zuzusehen, wie er sich bei ca. 60.000 UpM mit einem lauten Knall verabschiedete und siehe da, nach einiger Zeit und vielen Mühen produzierte die Heulsuse 2,7 kp Schub und verbrannte mehrere Liter Benzin-Dieselgemisch ohne Selbstvernichtung. Die größten Fortschritte stellten sich übrigens erst so richtig ein, als ich die einschlägigen Berichte in den Modellbauzeitungen nicht als technische Tatsache sondern als Selbstverherrlichung mancher Autoren analysierte, die auch nur mit Wasser kochten. Nun war es an der Zeit einen Jet-Trainer zu konstruieren und zu bauen, die Turbine anzuschrauben und zu fliegen. Doch es schrieb schon Wilhelm Busch “Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt”. Schwache Spritpumpen, geplatzte Schläuche, elektrische Störungen etc. etc. zwangen mich immer wieder dazu, das Modell unter den netten Kommentaren der Fliegerkollegen des damaligen Clubs wieder einzupacken und den Flugplatz mit den Nachrufen wie – der packt des nie, des kaun net geh .. , schamhaft zu verlassen. Doch es kam der Tag der Rache, die Turbine lief wie ein Glöckchen; Modell in den Wind gestellt und mit Pfeifen und Getöse hob der Trainer ab und flog wie auf Schienen. Der erste tiefe Überflug mit dem absoluten Sound der Turbine erhöhte meinen Adrenalinspiegel auf absolute Spitzenwerte und die betretenen Gesichter der Zweifler und jetzt Neider waren mir die höchste Genugtuung. Ich legte an diesem Tag drei Flüge hin und verließ stolz erhobenen Hauptes als nervliches Wrack den Flugplatz.
Was ich jetzt schon als Erfolg verbuchte war jedoch erst der Beginn einer langen Versuchsreihe von Verbesserungen. Immer wieder von Rückschlägen gezeichnet, erkämpfte ich mit zähem Fanatismus zitzerlweise Schub und Zuverlässigkeit bei dem Feuerfurz, bis ich 1998 endlich fünf Kilo Schub erreichte.
Nun mußte ein echter Jet her und mein gezeichnetes, aber geduldiges Weibchen schenkte mir zum Geburtstag eine Macchi-Yak. Die Saison 1998 begann wieder einmal dramatisch, nach 3 Jahren Fliegen mit dem Jet-Trainer vergaß ich den Feuerlöscher, prompt krematierte sich mein heißgeliebtes Flugzeug von selbst.
Die Macchi flog herrlich, jedoch nur zehnmal, dann Störung und Aufschlagbrand, die Innereien konnten durch eine absolute sportliche Leistung im Sprintlauf mit Feuerlöscher gerettet werden. Voller Milde und Güte, aufgrund meines absoluten Tiefs, gab mir Franz Hruska seine Pampa, die bereits halbfertig war, um suizide Gedanken in mir zu unterbinden.
Schnellstens fertiggestellt, hatte ich in der restlichen Saison herrliche Flüge mit dieser Maschine und jedesmal wenn sie im Tiefflug vorbeiheult, bin ich für die vergangenen Jahre entschädigt. Doch noch steht meine Lavi in der Werkstatt und wartet darauf heuer in die Luft zu kommen; mir zittern schon beim Gedanken an den Erstflug die Knie, was wird das wieder für ein Drama!
Wenn ihr auf dem Flugplatz in Enzesfeld wieder diesen Typen trefft, der auf eure intensiven Fragen nur mürrisch Antwort gibt, er ist nicht grantig, nur immer mit den Nerven am Ende, und vergebt ihm die gelben Streifen auf dem schönen Rasen.
Euer geplagter Turbo-Kurti |
jup |
gedruckt am 22.11.2024 - 21:45 |
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